Torino Nice DIY Rally

Als ich vor zwei Jahren die Überquerung des Mont Blanc von Courmayeur in Italien nach Chamonix in Frankreich unternahm, hätte ich mir nie träumen lassen, dass mich ein noch viel größeres italienisch-französisches Abenteuer erwarten würde. 

8 Tage, fast 700 Kilometer und etwa 20 000 überwundene Höhenmeter. Das bedeutet das Erklimmen der vierfachen Höhe des Mont Blancs, vom Meeresspiegel aus gesehen.

Das war unser ehrgeiziger Plan, als wir Bratislava am ersten Sonntag im August um vier Uhr morgens verließen. Unser Ziel war die Stadt Turin in Norditalien. Von dort aus sollten wir die Route der Torino-Nice Rally verfolgen und auf den alten historischen Straßen aus den Zeiten des Ersten Weltkriegs ein Bikepacking-Abenteuer unternehmen. Von den westlichen italienischen Alpen bis zur südfranzösischen Küste und dem Sommerbadeort Nizza.


Ungeplante Kilometer

Selbst die am besten geplanten Expeditionen sind nicht hundertprozentig erfolgreich. Der Abenteurer muss oft mit den Tücken der Elemente, vor allem mit denen des Wetters, und nicht zuletzt mit sich selbst kämpfen.

Wir wurden von der Technik verraten, bevor wir überhaupt auf unsere Fahrräder steigen konnten. Etwa 80 Kilometer von Turin entfernt hatte der Wagen eine Panne und wurde in die Hunderttausend-Einwohner-Stadt Novara abgeschleppt.

Die ersten Kilometer auf unseren voll beladenen Gravelbikes führen also zum Bahnhof, von wo aus wir in die Hauptstadt der Region Piemont weiterfahren. Wir fahren in der Dämmerung, begleitet vom rhythmischen Blinken der Rücklichter und einem leichten Regen. Die Berge vor uns sind in dichten Wolken verborgen und ich ahne nicht, was uns alles noch erwartet.


Schlafen unter den Sternen und Colle del Colombardo

Die erste Nacht schlafen wir in einer viel niedrigeren Höhenlage als ursprünglich geplant in einer unauffälligen Laube an der Straße. Das Ziel sind die staubigen Schotterstraßen und der Gipfel des Colle del Colombardo.

Seit meiner Kindheit bin ich daran gewöhnt, dass Fahrradstürze bei Abfahrten passieren. Auf den großen Felsen rutschen meine Reifen ab und ich schaffe es nicht, meine Rennradschuhe frei zu bekommen. Seit dieser Erfahrung wird der Aufstieg für mich zu einer Wanderung mit dem Fahrrad. Darauf folgt eine Abfahrt auf steilen, geschotterten Serpentinen, bei der die Hände besonders weh tun, weil sie verkrampft die Hebel der Scheibenbremse zusammendrücken.

Wir landen erschöpft in der Alpenstadt Bussoleno. Fahnen mit durchgestrichenen Zügen säumen die Straßen der Stadt. Sie sind ein Symbol der sozialistischen Bewegung NO TAV, die gegen den Bau einer Hochgeschwindigkeits-Bahnstrecke und die Globalisierung, für die diese Modernisierung steht, kämpft. Bilder von Che Guevara im Restaurant untermalen die politisch links orientierte Mentalität der Bewohner Norditaliens, die zwischen den Gipfeln der Alpenriesen gefangen sind.

Auf den Spuren des Giro d'Italia

Am nächsten Tag nehmen wir den legendären Aufstieg zum Colle delle Finestre in Angriff, der den Fans des Giro d'Italia bestens bekannt ist. Auf den ersten 18 Kilometern drehen wir uns wie auf einer Achterbahn und überwinden fast 1 700 Höhenmeter. Auf den letzten acht Kilometern verschwindet der Asphalt und das Gelände wird zu feinem Kies.

Die alte Militärstraße aus dem achtzehnten Jahrhundert stellt nicht nur unsere körperliche, sondern auch unsere geistige Ausdauer auf die Probe.

Vom Gipfel aus war es geplant, wieder auf einem Schotterweg weiterzufahren, aber nach einem heftigen Aufstieg entscheiden wir uns um. Außerdem wurden wir durch ein Telefonat mit einer italienischen Übersetzerin aufgehalten, die uns half, die Situation mit dem abgeschleppten Auto zu klären.

Wir sind an diesem Tag noch nicht fertig mit dem Aufstieg und überqueren zum ersten Mal die Grenze zu Frankreich. Unser Ziel ist das Skigebiet von Montgenèvre, das wegen des Regens auch für den nächsten Tag unsere Zuflucht sein wird.

Erzwungene Ruhe

Wir wachen an einem nieseligen Morgen auf. Die Wolken sind so dicht, man könnte sie zerschneiden, und die Straße endet in dichtem Nebel auf beiden Seiten. Wir ändern unsere Fahrradroute, genießen stinkenden Schimmelkäse und Salami und sehen uns im Fernsehen das Synchronturmspringen bei den Olympischen Spielen in Tokio an. 

Am fünften Tag starten wir sehr früh und beginnen in Daunenjacken mit einem frostigen Abstieg. Nur die Pfützen auf der Straße erinnern an das gestrige Regenwetter und die Alpen erwachen zu einem sonnigen Tag. Der Aufstieg auf den ersten Berg beginnt in der Stadt Briançon.

Mit einer Höhe von 1 326 Metern über dem Meeresspiegel ist das die höchstgelegene französische Siedlung mit rund 2 000 Einwohnern. Regelmäßig beginnen oder enden hier Etappen der Tour de France oder des Giro d'Italia.

Sherpas und Elektrofahrräder

Wir strampeln im Schneckentempo Richtung Col d’Izoard. Mit voll beladenen Fahrrädern sind wir eher eine Attraktion und die ernsthaften Radwanderer, die wir unterwegs überholen, kann man an den Fingern einer Hand abzählen.

Die ganze Gegend ist jedoch voller Radler, und viele kleinere Gruppen in jedem Alter versuchen den Berg hinaufzufahren. Im Stillen beneide ich die Rentner auf den Elektrofahrrädern, aber wenn ich das laut sagen würde, würde ich in unserer Gruppe nur Hohn und Spott ernten. Der Gipfel ist wirklich beeindruckend.

Die kargen Pisten aus verwittertem Gestein mit den vorspringenden Gipfeln, genannt La Casse Déserte, bildeten bereits in den 50er Jahren eine dramatische Kulisse für Fotografien der Tour de France.

Durch den Hochgebirgspass nach Italien

Col d’Izoard war nur die Vorspeise und uns erwartet noch der Hauptgang. In der brennenden Sonne bewegen wir uns zum nächsten Berg, der mir von dieser Expedition am stärksten in Erinnerung bleiben wird.

Col Agnel ist ein Gebirgspass zwischen Frankreich und Italien auf einer Höhe von 2 744 Metern vom Meeresspiegel aus. Auf den mehr als 20 Kilometer langen Aufstieg mit einer durchschnittlichen Steigung von 6,6 % machen die allgegenwärtigen Schilder aufmerksam. Ich zähle jeden aufgestiegenen Meter mit. Die endlose Fahrt auf der Ebene kostete mich meinen ganzen Willen weiterzumachen, und auf einigen Abschnitten mit einer Steigung von mehr als 15 % muss ich das Fahrrad schieben und mit gesenktem Blick weitergehen.

Die Straße schlängelt sich wie eine Anakonda und ich warte nur darauf, dass sie meinen erschöpften Körper verschluckt. Oben angekommen ziehen wir wieder warme Jacken an und die Abfahrt nach Italien beginnt. Unterwegs werden wir nur von Motorradfahrern und Bergziegen, die an die harten Bedingungen angepasst sind, begleitet.

Kaffee und ein Croissant sind nicht genug für den Aufstieg

Nachts drängen wir uns in einem kleinen Wohnwagen in Sampeyre. Ein anstrengender Tag liegt hinter uns, und ein weiterer steht uns bevor. Wir dehnen unser Frühstück aus, weil wir wissen, dass der Morgen mit einem steilen Aufstieg beginnt. Unsere Fahrräder, die an der Terrasse des Cafés lehnen, erwecken Interesse, und die älteren Italiener nicken anerkennend mit dem Kopf.

Ihre Körper sind zwar gealtert, haben die nahen Hügel aber bestimmt noch im Muskelgedächtnis. Espresso, Croissants und systematisches Strampeln. Vor uns liegt ein weiterer hoher Gebirgspass, der Colle di Sampeyre. Lästige fliegende Insekten ertrinken in Schweißperlen, nachdem sie an der Haut kleben geblieben sind. Auch dieser Berg macht uns zu schaffen.

Wir müssen unsere Kraft neu einteilen geben den ikonischen Schotterabschnitt namens Little Peru auf. Wir fahren wieder ab und versuchen, vor Einbruch der Dunkelheit so nah wie möglich an den für den nächsten Tag geplanten Aufstieg heranzukommen.

Unser Zufluchtsort ist die Laube am Altar des Heiligen Makarios in der Nähe von Vernante. Ich weiß nicht, wessen Schutzpatron dieser Heilige ist, aber ich danke den gottesfürchtigen Italienern, dass sie ihm an dieser Stelle eine kleine Kapelle gebaut haben. Danach gibt es ein herzhaftes Abendessen, das auf einem Kocher vorbereitet wird, kühles Bier aus einem nahegelegenen Restaurant und Schlaf, begleitet vom Gesang der Grillen. 

Der Heilige Makarios

Uns erwartet die letzte große Steigung am Colle di Tenda, wo wir das dicke Profil unserer Reifen und die Konstruktion der Gravelbikes zu schätzen wissen. Die uralte, stark befahrene Straße, die von den Phöniziern gebaut und von den Römern und Griechen instand gehalten wurde, führt uns wieder nach Frankreich. Hier gibt es kaum Radfahrer, nur ein paar Motorradfahrer, die Staubwolken hinterlassen.

Ein Hotel verloren in der Zeit

Das eigentliche Vergnügen sind die Abfahrt durch die Felsen und die vielen kurvenreichen Strecken. Die Bremsen arbeiten wieder hart, aber die Belohnung sind die schönen Ausblicke auf das Tal.

Wir kommen in einem 120 Jahre alten Hotel im Alpendorf Fontane an. Das Hotel scheint in der Zeit eingefroren zu sein und für einen Moment werden auch wir vom Zeitgeist und der Atmosphäre eines französischen Alpendorfes gefangen genommen.

Die Küste in Sicht

Am letzten Tag herrscht eine gute Stimmung. Es warten auf uns zwei kleinere Aufstiege und eine lange Abfahrt nach Nizza. 

Hinter dem ersten Berg können wir bereits die Meeresluft riechen, und jenseits des Horizonts suchen wir ungeduldig nach der Küste. Mit den steigenden Temperaturen tragen wir auch immer mehr Schichten Sonnenschutzmittel auf. Hinter dem zweiten Berg zeigt das Thermometer bereits über 41 Grad Celsius an, und die Olivenbäume entlang der Straße bieten nicht genug Schatten.

Und ein starker Gegenwind lässt uns nicht die Lenker loslassen, um uns den Schweiß von der Stirn abzuwischen. Die letzten 30 Kilometer bis zu unserem Ziel sind daher eine Qual. Die wahre Freude kommt erst in Nizza auf.

Luxusyachten umringen den Hafen, überall hört man Musik und die Strände sind voll mit Touristen. Unser Alpenabenteuer endet mit einem Bad, wobei wir Privatflugzeuge beobachten, die Millionäre aus dem nahen Monte Carlo und Monaco zu einem späten Abendessen in Nizza bringen.

Die Ausrüstung unserer Radfahrer

Bequemlichkeit, leichte Packbarkeit und höchste Funktionalität bei unterschiedlichen Temperaturen waren die Voraussetzungen für die Auswahl der Bekleidung für diese Mehrtagesfahrt. So wurde die Gravel-Kollektion mit bestehenden und neuen Produkten zur Grundlage, ergänzt um einige Klassiker.

  • Letztes Stück
Gravel Light Jersey Anthracite
Gravel Light Jersey Anthracite
-40%
+ Schnelle Auswahl
2 Reviews
69,00 USD 115,00 USD
Anthracite
Gravel Jersey Steel Grey
Gravel Jersey Steel Grey
-35%
+ Schnelle Auswahl
7 Reviews
130,00 USD 200,00 USD
Steel Grey
Gravel Bib Shorts
Gravel Bib Shorts
-40%
+ Schnelle Auswahl
11 Reviews
144,00 USD 240,00 USD
  • Letztes Stück
Signature Hardshell Jacket
Signature Hardshell Jacket
-40%
+ Schnelle Auswahl
2 Reviews
198,00 USD 330,00 USD

Gründe für lange Fahrten

Das Zelten während langer Fahrten verleiht dem Erlebnis eine neue Dimension. Wer es einmal ausprobiert hat, weiß, wie wichtig Unterschlüpfe, halb verfallene Gebäude und Ähnliches sind. Aus diesem Grund unterstützt die Torino-Nice Rally die Stiftung Smart Shelter, eine gemeinnützige Organisation, die in Asien erdbebensichere Gebäude baut.

Unter Verwendung lokal verfügbarer, widerstandsfähiger Materialien und mithilfe der Menschen in den betroffenen Gebieten haben sie billigere und sicherere Methoden zum Bau von Häusern, Schulen und Herbergen in Nepal, Indonesien und Indien entwickelt.


#ROADISTHEWAYOFLIFE